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Interview:
Wie Drogen ihr Leben verändert haben
,, Zwischen Longpapes, Extasy und Co.
‘‘
Ich
war vor ein paar Tagen mit einer Freundin unterwegs und habe ein bisschen über
dieses und jenes gequatscht, doch als wir auf das Thema Drogen gekommen sind,
habe ich sie gefragt ob sie sich auch mal für den Blog öffnen will, um zu
zeigen was Drogen alles so mit dir machen können. Da Drogen momentan ein so
aktuelles Thema sind, finde ich es cool dass es geklappt hat. Sie möchte Anonym
bleiben, deshalb heißt sie hier Lady X. Sie ist um die zwanzig, mag Techno und
ist mittlerweile auf einem guten Weg.
Erzähl doch mal, wie hat das damals mit
den Drogen angefangen?
Also
das erste Mal war das mit 14 auf einer Party. Alle haben da Bong geraucht, aber
das war einer Freundin und mir zu hart und wir haben uns dann ne Kippe mit Gras
gestopft und waren nach der Zigarette direkt richtig high. Ich war auch immer
dafür offen und war auch nie abgeneigt von Drogen. Mit 16 Jahren bin ich damals
dann mit meinem damaligen Freund zusammen gekommen. Er war auch ein Kiffer.
Beim ersten Date fragte er mich ,, Lass uns mal einen paffen.‘‘ und nein sagen
konnte ich nicht. Dadurch, dass wir dann zusammen waren war das kein Problem
mehr mit dem Kiffen. Er hatte damals getickt und dadurch, dass er am Ticken
war, hatten wir auch immer was da zum Rauchen. Manchmal bin ich zum ‘einkaufen‘
mitgekommen, meist habe ich aber immer draußen gewartet. Immer wenn wir uns
getroffen haben hat er erst seine Geschäfte gemacht, so dass wir was zum
Rauchen hatten und dann erst haben wir uns getroffen.
Irgendwann
habe ich dann auch alleine gekifft, ich meine er hat mir ja auch immer was
dagelassen mit den Worten ,,Hier dann schläfst du besser‘‘ oder ,,Falls du noch
Lust hast‘‘. Irgendwann konnte ich ohne vorher was zu nehmen auch nicht mehr
einschlafen und habe dann immer mehr gekifft. Ich habe dann auch selber was
gekauft. Der letzte Ausweg zum Gras kaufen, war dann mein Ex.
Würdest du behaupten, er habe Schuld
an deinem Drogenkonsum?
Also
definitiv. Hätte ich ihn nicht gekannt, wäre es zu 100% nicht dazu gekommen.
Also nicht unbedingt was Drogen allgemein angeht, aber nicht in dem
Ausmaß. Mit ihm habe ich mich halt auch
irgendwann an andere Dinge getraut und wir haben dann das erste Mal Speed
gezogen und Energy One und Pilze konsumiert.
Also Pilze finde ich
dann schon echt krass, erzähl doch mal von deinem ersten Trip auf Pilzen und
wie es dazu kam.
Also
damals war ich 17 und bin mit ein paar Freunden nach Enschede gefahren. Wir
hatten damals einen safen Fahrer, also jemanden der nichts nimmt, dass er noch
Fahren kann. Wir haben uns dann in einem Shop Magic Trüffel und Gras gekauft
und zwischendurch immer einen gebufft. Die Pilze die isst man einfach. Die
schmecken ähnlich wie Nüsse. Nach einer halben Stunde hat dann die Wirkung direkt
eingesetzt und richtig reingeknallt. Die
Lichter sahen so mega krank aus. Alles hat sich einfach verzogen und bewegt.
Alles war bunt. Also so ein typischer Trip wie man sich das halt so vorstellt,
obwohl wir noch die schwächste Sorte an Pilzen hatten.
Irgendwann
sind wir dann zu Mecces gegangen. Ein Kumpel von mir wurde da dann ganz blass
und ich bekam Panik. Sobald man irgendwie Zucker zu sich nimmt ist der Trip
vorbei. In meiner Aufregung bin ich direkt zur Kasse gesprintet und habe für
ihn eine Cola gekauft. Die Cola kam aber zu spät. Mein Kumpel hatte sich
komplett vollgekotzt und eingenässt. Mit dem Zustand mussten wir ihn halt
direkt nach Hause fahren. Es war schon dunkel geworden und wir saßen in einem
viel zu engen Auto auf der Autobahn in Richtung Heimat.
Ich hatte viel zu viel
Energie in mir. Ich bekam Panik in dem engen Auto. Das war der Moment für mich,
in dem ich beschlossen hatte nie wieder Pilze zu nehmen.
Ich
bekam irgendwann richtige Halluzinationen. Ich hatte die Vorstellung, dass sich
die Haut von meinem Gesicht abzieht. Ich habe das richtig gespürt, wie ich mir
die Haut vom Gesicht gezogen habe und konnte die Hautfetzen in meiner Hand auch
richtig sehen. Alle anderen aber nicht. Alle meinten zu mir ,, Ey Lady X, komm
mal runter da ist nichts.‘‘ Ich wollte und konnte das aber nicht glauben. Ich hab’s
erst geglaubt, als es mir mein damaliger Freund bestätigte. Unser Zustand hat
ungefähr 5 Stunden angedauert. Durchs Kiffen haben wir uns dann wieder
runtergebracht.
Du hast ja grade schon
eher nen Badtrip beschrieben, was war denn dein bester Trip?
Auf
meinem Abiball habe ich das erste Mal gekokst. Das war schon ziemlich geil. Ich
habe extra bis 1 Uhr gewartet bis meine Eltern weg waren. Ein Kumpel von mir
hatte das Zeug mit. Wir haben uns dann in sein Auto gesetzt und uns das Zeug
reingezogen. Als ich dann zurück auf den Ball kam, dachte ich schon ich wäre
die Geilste im Raum und das alle hinter mir stehen würden. Ich fühlte mich
unbesiegbar. Ich hatte vorher richtig viel getrunken, war aber schlagartig
nüchtern. Ich hatte davon damals keinem was gesagt und es hat auch keiner was
gemerkt. Der Rausch geht halt schnell wieder vorbei und danach bist du dann auch
direkt abgefuckt.
Eine Line am Abend
reicht da nicht. Koks ist der Teufel und verfolgt dich.
Und
macht halt auch einfach krass abhängig, weil du von diesem Gefühl einfach immer
mehr willst. Du hast in diesem Moment einfach keine Sorgen mehr. Aus diesem
Grund habe ich an dem Abend mehrere Lines gezogen und war bis 12 Uhr mittags
hellwach, in meinem Abiballkleid und voll drauf.
Was war für dich der
Grund Drogen zu nehmen, warum hast du nicht aufgehört, bevor es zu spät war?
Ich
habe damit halt alles unterdrücken können. Wenn ich traurig war habe ich
gekifft und konnte das damit einfach gut unterdrücken. Die Zeit ging viel
schneller um wenn ich drauf war. Ich bin wirklich durchgedreht ohne das Kiffen.
Ich habe dann wirklich geheult. Ich konnte irgendwie nicht ohne. Wenn ich keine
Drogen genommen habe, habe ich mich richtig krank gefühlt, fast schon wie eine
Grippe. Dadurch wurden Drogen dann irgendwann meine Medizin zum Wohlsein. Ich
habe dann manchmal Antidepressivum genommen, wenn ich kein Gras hatte. Eine
Freundin von mir brauchte das nicht mehr und als wir beide an nichts drankamen,
schlug sie vor, dass man die ja als Ausgleich nehmen könnte. Durch die
Tabletten bin ich damals direkt eingepennt. Das kam aber wenn’s hochkommt auch
nur 5-mal vor. Wir hatten das ja immer nur genommen, wenn wir absolut an nichts
drankamen und ich hatte halt eigentlich immer was. Ich saß damals den ganzen
Tag an meinem Handy und habe versucht was zu klären egal wie weit ich dafür
fahren musste.
Wie hat sich das alles auf deine
Persönlichkeit ausgewirkt?
Ich
hatte nach einer längeren Zeit auch wirklich Suizidgedanken. Irgendwann bin ich
dann nach England für ein Au Pair – Jahr gegangen. Ich brauchte halt Abstand. Ich habe
von heute auf morgen direkt mit allem aufgehört und so gesehen einen
Kalten
Entzug gemacht. Neues Land, andere Kultur, neue Leute. Ich habe nach einer
Weile die ich dort war dann Panikattacken, Angststörungen und Schlafstörungen
entwickelt. Zu dem damaligen Zeitpunkt wusste ich gar nicht was mit mir los
war. Ich war dann in London und konnte einfach nicht aus dem Haus gehen, obwohl
ich ja dort war um was zu erleben. Vier Tage nach diesem Erlebnis fing dann
mein Job als Au Pair an.
Als
ich die Kinder dann mit dem Auto rumfahren musste ging das gar nicht klar. Ich
war halt mega angespannt und das auch allein schon, wenn ich mit den Kindern nur
allein war.
Irgendwann
dachte ich mir ich hätte einen Hirntumor und wirklich Krebs, weil ich mir meinen
Zustand nicht anders erklären konnte und nicht wusste wie so etwas entstehen
kann. Bis mir dann klar war, dass es am Entzug lag.
Ich
kompensierte dann die Drogen durch viel Essen. Hauptsache es war viel Zucker
drin und am Wochenende fing ich an Alkohol zu trinken.
Hat dir manchmal der Halt gefehlt oder
gab es Momente, in denen du schwach geworden bist?
An
meinem Geburtstag bin ich schwach geworden. Ein Kumpel von mir, der auch in
England war, meinte lass mal heute Abend feiern, er hätte auch eine
Überraschung für mich. Seine Überraschung war halt pures MDMA. Ich hatte zu
diesem Zeitpunkt auch echt keine Ahnung von dem Zeug, aber ich meinte direkt
dass ich dabei bin. War halt ein Scheißtag für mich. Ich war alleine in einem
fremden Land an meinem Geburtstag ohne die Familie und Freunde. Das war für
mich auch der glücklichste Moment in England. Ich bereue das auf keinen Fall.
Danach
habe ich in England nichts mehr genommen. Bis auf die Schlaf- und Angststörungen
ging es mir körperlich auch richtig gut nach einer Weile. Ich konnte noch viel
Reisen. Das hat mir damals richtig gut getan. Ich war weg von dieser Traumwelt
in der man lebt, wenn man immer Drogen nimmt. Ich konnte mal wirklich alles um
mich herum wahrnehmen.
Wie ging es nach England
dann weiter?
Ich
bin dann nach Hause gekommen und habe meine Familie kurz begrüßt und bekam halt
nen Anruf von einer Freundin ,, Hey Lady X, lass uns mal treffen, ein bisschen
quatschen und dabei einen buffen.‘‘ Ich konnte einfach nicht nein sagen.
Dadurch
war ich wieder voll drin. Nicht unbedingt kiffen, aber dann halt anderes. Nen
paar Wochen danach war ne Technoparty und ich habe dort Alkohol getrunken und
Speed genommen. Ab da war ich dann jedes Wochenende auf Drogen und habe
durchgefeiert. Irgendwann habe ich dann auch Extasy geschmissen und als mich
dann Speed abfuckte, fing ich an zu Koksen.
Also begann alles von
neu? Wie hast du deinen Weg daraus gefunden?
Ich
bin zu einem Arzt gegangen und habe ihm von meinen komischen Gedanken und all
dem anderen erzählt. Der schrieb mich dann auf eine Warteliste für eine
Verhaltenstherapie. Nach 4 Monaten kam ich dann dran. Da musste ich dann alles
offen auf den Tisch knallen. Auf die Frage wie oft ich denn kokste, antwortete
ich mit höchstens einmal im Monat, obwohl es jedes Wochenende war. Wenn ich
mich entschied eine Therapie zu machen, müsste ich direkt aufhören war zu
nehmen, so der Therapeut zu mir.
Die
ersten fünf Wochen habe ich trotzdem weitergemacht und so gesehen den Therapeuten
belogen. Ich hatte für mich selbst ein Datum, von einer Technoparty auf der ich
das letzte Mal was nehmen wollte, beschlossen. Seitdem habe ich auch nichts
mehr genommen.
Das
schlimme an der Therapie war, dass ich mich zuerst selbst belogen hatte. Ich
habe mich schlichtweg vor meiner Persönlichkeit geekelt. Ich fand meinen
Charakter einfach nicht mehr schön und habe mich aus diesem Grund auch geritzt.
Geritzt habe ich mich, um mich selbst zu bestrafen.
Der
Zeitpunkt in dem Ich für mich beschlossen hatte ,, Ich nehme nichts mehr‘‘ , da
saß ich im Auto. In diesem Moment dachte ich, ich müsste sterben. Ich dachte
die ganze Zeit daran, was ich ohne die Drogen denn noch machen soll und dachte,
dass ich nichts mehr hätte. Ich musste ein Stück von mir gehen lassen.
Die
erste Zeit mied ich die Technoszene komplett und die Leute auch. Wenn sich
jemand was geballert hat in meiner Anwesenheit, war ich richtig sauer und habe
auch den Raum direkt verlassen, weil jeder eigentlich wusste, dass ich das
nicht mehr will. Ich fühlte mich alleine und von den anderen Ausgeschlossen.
Erzähl mal, wie geht es
dir jetzt?
Ich
bin mittlerweile richtig stolz auf mich. Mir geht es richtig gut. Ich stehe
mehr im Leben als je zuvor. Klar würde ich gerne zwischendurch was nehmen, aber
ich habe eingesehen, dass es richtig cool ist auch nein sagen zu können. Das
zeigt mir wie stark ich geworden bin und das mein Charakter Durchhaltevermögen
hat.
Willst du den Lesern
noch was sagen bzw. mitgeben?
Also
erstmal allgemein sind Drogen an und für sich eine geile Sache. Es sind viele
coole Erfahrungen, die man mit Drogen machen kann, grade was Extasy und Kiffen
angeht. Du siehst die Welt dann mit anderen Augen, aber es ist wichtig, dass
man sich dann auch immer selbst sagen kann, dass das nicht die Realität ist.
Je höher du fliegst,
desto tiefer fällst du.
Wartet
auf jeden Fall mit allem, bis ihr wirklich ein Alter erreicht habt, wo ihr das alles für euch
selbst verantworten könnt. Nehmt Drogen niemals als Ausweg. Ich selbst weiß,
dass es dadurch einem auf Dauer nicht besser geht. Es sollte auch klar sein, ob
du auch mit den Leuten befreundet wärst, wenn du nichts nehmen würdest. Was
noch viel wichtiger ist, ob die Leute dich auch akzeptieren, ohne irgendeinen
Konsum von Drogen.
Ich
bin jetzt seit 3 ½ Monaten clean und muss sagen, dass es mir wirklich viel
besser geht!
Danke
Lady X, dass du dich so geöffnet hast.